Dezember 2016: Zurück in Myanmar. Nach einem reibungslosen Flug mit der Singapore Airlines und einer non-plus-ultra Internetverbindung in der Luft, komme ich am späten Nachmittag in Yangon an. Das Terminal des internationalen Flughafens ist brandneu, und deutlich mehr Passagiere als noch vor einem halben Jahr stehen bei der Passkontrolle Schlange. Die Behörden begutachten mein Businessvisum, welches für 90 Tage gilt. Danach geht es ohne Umschweife direkt nach South Okkalapa, einem Aussenquartier im Nordosten Yangon‘s, wo ich die nächsten Monate wohnen werde. Bereits im Taxi beginnt mein Herz höher zu schlagen. Die bevorstehende Ernte von Myanmar Kaffee, der erste Workshop mit den Kaffeeproduzenten aus dem entlegenen Chin State und die ersten Exporte nach London und Genf – all diese Hürden sind zu meistern. Wird mir, wird uns dies gelingen?
Wirtschaftliche Liberalisierung und Myanmar Kaffee
Für die meisten Unternehmungen ist Myanmar’s wirtschaftliche Liberalisierung Ende 2016 bereits zu weit fortgeschritten, um vom Aufwind der Marktöffnung zu profitieren. Internationale Telecom-Firmen haben sich bereits Millionenmandate unter den Nagel gerissen, der Tourismussektor hat die Geburtstunde überschritten. Ausserdem hat 2016 die Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft, und damit der Rückgang der Nachfrage nach Rohstoffen, einen direkten Einfluss auf Myanmar’s Wirtschaft gezeigt.
Der Myanmar Kaffee ist aber eine ganz andere Geschichte. Da stehen wir erst am Anfang, und das ist sehr aufregend! Es gibt noch viele Opportunitäten und verleitet Pioniere zu exotischen Explorationen.
Die Einweihung der ersten grösseren Kaffeeverarbeitungsstation in Myanmar liegt zeitlich noch nicht weit zurück. Seit 2014 haben die Amerikaner, die weltweiten Kaffeechampions, den burmesischen Kaffeesektor mit 30 Millionen-Investitionen unterstützt. Die ersten beiden Container Myanmar Kaffee wurden 2016 in die USA verschifft. Mit einer NGO namens Winrock, der Exekutive von USAID – der staatlichen Entwicklungsagentur – wurde die Myanmar Kaffeebohne weitgehend unter die amerikanische Kontrolle gebracht.
Als wir die lange Pyay-Road heruntersausen, werde ich durch dem Strassenlärm aus meinen Pionierträumen geweckt. Es ist beeindruckend, wie rasch man sich wieder an das Gewimmel der 6 Millionen-Stadt gewöhnt hat. Nach ein paar wenigen Minuten liegt der Okzident bereits wieder weit hinter mir. Hier geht die Sonne schon bald unter, während die Europäer erst gerade ihren Lunch beenden. Als ich die Wohnung erreiche, erhalte ich per Facebook-Messenger eine Grussbotschaft eines lokalen Kaffeerösters: “Hi Nat* – (godness) or Nathalie, friend, how are you? I live in a free and happy world. No twist, no secrets. Bye. Bye.”
*Nat bedeutet auf burmesisch auch Gottkeit oder burmesischer Geist